Im Gundeli beim Dreispitz wächst ein besonderes Projekt aus dem Alltag der Nachbarschaft: Café103. Das ist kein Café wie jedes andere, sondern eine lebendige Plattform im Migrationszentrum auf dem Dreispitz, auf der Menschen miteinander in Kontakt kommen, Ideen austauschen und gemeinsam etwas bewegen. Dieses Porträt zeigt, wie Integration im Kleinen passiert, wenn Menschen sich begegnen, zuhören und zusammen etwas gestalten.
An diesem letzten Sonntag im August herrscht reger Betrieb im Hof vom Migrationszentrum: Es wird gebastelt, geredet, Kuchen gegessen, Kaffee getrunken, einer näht, ein anderer faltet Papierflieger und mittendrin trifft man Mia Nold, Gundelibewohnerin und Initiantin vom Café103 und das Herz des Projektes. Für sie ist das Café103 «ein Ort, wo der Mensch, Mensch sein kann». Das Café103 ist kein Hilfswerk, es ist ein Projekt der Nachbarschaft und die Bewohnenden vom Gundeli zu vernetzen.
Insgesamt sind es neun Menschen, die das Projekt Café103 im Migrationszentrum stemmen. Mit dabei sind auch Menschen, die selbst im Migrationszentrum gelebt haben und nun im Rahmen des Café103 einmal im Monat ins Migrationszentrum zurückkommen und mithelfen. Diese Erfahrung zweier Welten – der Blick von innen auf das Migrationszentrum und der Blick von aussen in den Quartieralltag – ist die Basis für Austausch und letztendlich gelebte Integration. Die Nähe zu den Menschen vor Ort ist deutlich spürbar: Viele der Teammitglieder kennen die Sorgen, Hoffnungen und Träume der Migrantinnen und Migranten ebenso gut wie die Bedürfnisse der Quartierbevölkerung. Sie wissen, wie es sich anfühlt, sich verloren zu fühlen, und wissen auch, wie viel Kraft in Beziehungen steckt.
Immer am letzten Sonntag jeden Monats findet das Café103 statt, und zwar von 14.00Uhr bis 17.00Uhr, eingeladen ist jeder, willkommen sind alle. Diese Konstanz gibt Orientierung und schafft Verlässlichkeit – eine Einladung, die sich weit über das konkrete Treffen hinaus verbreitet. Die Veranstaltung richtet sich an alle, besonders aber an die Quartierbewohnenden vom Gundeli, die Lust haben, sich mit Menschen verschiedenster Hintergründe zu treffen, zu reden, zu lachen und gemeinsam etwas zu bewegen. Mia Nold beschreibt das Café103 als «informelles Nachbarschaftstreffen». Es geht dabei um Begegnung statt Bürokratie. Das Café103 positioniert sich bewusst als informelles Nachbarschaftstreffen, denn es geht nicht darum, Formalitäten zu erledigen oder Hilfen zu verteilen, sondern um menschliche Kontakte. Migrantinnen und Migranten und Quartierbewohnende sollen sich begegnen, austauschen, voneinander lernen. «Alle haben eigentlich das gleiche Interesse: Friedlich miteinander auskommen, sich verstehen und sich austauschen.», sagt Mia.
Die Atmosphäre ist offen, neugierig und respektvoll. Hier zählt der Mensch hinter dem Namen, die Geschichte hinter dem Gepäck, die Träume hinter dem Alltag.
Der Kern von Café103 ist der Austausch. Egal, woher man kommt, welche Sprache man spricht oder welche Hautfarbe man hat – die üblichen Lebensbereiche verbinden: Familie, Arbeit, Bildung, Freizeit, Gesundheit, Zukunftsträume. Für viele Migrantinnen und Migranten ist der Austausch mit anderen Menschen eine wohltuende Abwechslung zum meist strukturierten Kontakt mit Sozialarbeitern. Hier herrscht das Gefühl: Wir begegnen uns auf Augenhöhe, ohne Hierarchien, ohne Stigmatisierung. Das stärkt das Selbstwertgefühl, öffnet Räume der Teilhabe und macht das Quartier lebendig.Der Sommer zieht ins Freie, der Winter ins Schulzimmer: Der Rhythmus von Café103 passt sich der Jahreszeit an. Im Sommer und bei gutem Wetter ist das Treffen draussen auf dem Gelände. Wenn es kühler wird oder schlechtes Wetter herrscht, verlagert sich das Treffen in ein Schulzimmer. Drinnen wie draußen ist das Gewusel der Kinder ein lebendiges Herz des Cafés. Ein besonderes Highlight vom Café103 sind die Nähmaschinen, die zu Mitmach-Aktionen einladen. Die arabisch zubereiteten Tees tragen Wärme in den Raum, Kaffee wird vom Verein Café103 gespendet, und der Kuchen stammt aus der Bäckerei Weizenkorn im Dreispitz als Leftover – eine schöne Geste der Ressourcenteilung und der Wertschätzung für Lebensmittel. Das Café103 ist keine Hilfsorganisation, sondern eine Nachbarschaftsplattform. Gesucht und gewünscht werden Kontakte, Ideen und Projekte vor allem aus der Nachbarschaft. Mia Nold wünscht sich «viele Leute, die kommen und Kaffee trinken und die Notwendigkeit sehen, im Austausch zu sein und einen Beitrag zu leisten für ein gutes Zusammenleben.»